Ich träume mit dem Propheten Sacharja. Ich stelle mir vor, dass er noch im Exil in Babylon lebte, aber gespürt hat: Die Zeit ist reif, endlich heimzukehren nach Jerusalem. Die zerstörte Stadt wird dann aber eine ganz andere sein, eine Stadt, in der Gott selbst wohnt. Er träumt von einer neuen Stadt, von einem neuen Jerusalem. So stehe ich mit Sacharja mitten im Feuer, das diese Stadt wie eine Mauer umgibt. Ein Feuer, das heiß und innig lodert und doch niemand verbrennt. Ein Feuer, das uns beseelt und mit Leidenschaft erfüllt. Ein Feuer, das es uns warm werden lässt ums Herz. Ein Feuer, das unsere Träume und Sehnsüchte schürt und schützt.
Mit Sacharja schaue ich auf diese Stadt, in der alle Rivalität erstorben ist, alle die Menschen demütigenden Maßstäbe vor den Mauern geblieben sind. Hier gibt es keine Gewalt mehr, keine Erniedrigung, keinen Fanatismus, keine Machtkämpfe und keine Vorverurteilungen mehr. Hier wird nicht mehr unterschieden zwischen arm und reich, evangelisch und katholisch, Frau und Mann, Priester und Laie, schwarz und weiß, verheiratet und geschieden - das alles spielt in dieser Stadt keine Rolle mehr.
Die Schwachen werden stark sein, die Kleinen groß. Die Grenzen werden fließend und die Weite unendlich sein. Auf der Stadt liegt ein Lächeln der Gnade und der Barmherzigkeit.
Die Menschen atmen auf, atmen die Offenheit und Freiheit dieser Stadt. Die Stadt ist voll von Lebensfreude. Sie sprudelt über vom Mut der Menschen. Und Gott wird im Innern dieser Stadt wohnen: er und seine grenzenlose Liebe, er und sein alles überwindender Friede. Er wird die Kranken heilen, die Verstummten zum Reden bringen, die Mutlosen springen lassen. Er wird die Ohren öffnen, die Tränen abwischen, alles Tote zu neuer Lebensfreude erwecken. Er allein ist die Wahrheit dieser Stadt, eine Wahrheit, die wir spüren können.
Und so spüre ich mit Sacharja das Feuer dieser Stadt, spüre die Sehnsucht in mir brennen, in dieser Stadt des Heils, in dieser Stadt Gottes zu wohnen. Aber gibt es diese Stadt auf dieser Erde oder liegt sie fernab unserer Wirklichkeit in einer anderen, uns noch nicht zugänglichen Welt? Ist sie eine noch unerfüllte Vision? Aber dann höre ich, wie Jesus im Evangelium spricht: Das Reich Gottes ist da! Es fängt hier schon an. Es ist hier und jetzt schon zu spüren. Ja, die Stadt wächst schon heran.
Deshalb, Herr, bitte ich dich:
Lass dein Feuer in uns brennen, das alle Herrschaft vernichtet, allen Neid und alle Habsucht, allen Terror und alle Gewalt, alle Demütigung und Erniedrigung, alle Maßstäbe, mit denen wir Menschen knechten und verurteilen.
Lass dein Feuer in uns brennen, damit die Menschen von dieser Stadt hören und diese Sehnsucht auch in ihnen zu brennen beginnt.
Lass dein Feuer in uns brennen gegen alle Kräfte, die es zum Erlöschen bringen wollen.
Denn wir vertrauen darauf, Herr, dass Du in unserer Mitte wohnen wirst. Nicht erst in der zukünftigen Stadt, sondern schon hier und jetzt soll Dein Frieden bei uns sein.
Lass uns mit gutem Beispiel vorangehen, denn wo die Sehnsucht brennt, fängt diese Stadt an, Gestalt anzunehmen. Amen