Segen und Fluch - zwei Begriffe, die das Alte und das Neue Testament durchziehen. Das Thema beginnt schon im Buch Genesis, als Noah seinen Sohn Ham verflucht und seine Söhne Sem und Jafet segnet. Hier liegen noch rein persönliche Dinge vor. Ham kam ins Zelt seines Vaters, als der nackt und betrunken dort seinen Rausch ausschlief. Als er seinen Brüdern davon berichtete, nahmen diese eine Decke und gingen rückwärts ins Zelt des Vaters, um ihn zu bedecken. Von diesen persönlichen Affinitäten nicht weit entfernt ist die andere Stelle im selben Buch, als Jakob seinen Vater und seinen Bruder um den Erstgeborenensegen betrügen will. Er hat Angst, dass der Vater ihn erkennt und ihm statt dem Segen einen Fluch auferlegt.
Dann im Buch Numeri geht es dann nicht mehr von den Menschen aus, hier spricht Gott zu seinem Volk und verspricht ihnen Segen, wenn sie seine Gebote halten und ihm nachfolgen und droht mit Fluch, wenn sie davon abweichen. Segen und Fluch sind von nun an direkt mit dem Halten des Gesetzes verknüpft. Auch im Deuteronomium, aus der die Stelle oben stammt, geht es um das Gesetz. Dem Volk wird beides vorgelegt - es kann sich entscheiden, wie es handelt und weiß um die Folgen.
So sehen wir es dann im ganzen weiteren Alten Testament. Immer wieder lesen wir ''und sie taten, was dem Herrn gefiel'' oder auch ''was dem Herrn mißfiel'' und so erging es dann auch dem Volk mal gut und dann wieder schlecht. Segen und Fluch waren direkt erfahrbar, denn sie äußerten sich in Frieden/Krieg, guter Ernte/Hungersnot, Reichtum/Armut ...
Dieser Automatismus ''gute Taten - Wohlergehen - schlechte Taten - Strafe'' kommt im Neuen Testament nicht mehr vor, auch wenn einige Denominationen immer noch das Wohlstandsevangelium verkündigen. Dieser Zusammenhang von Segen und Fluch ist nun im Neuen Bund aufgehoben. Finden wir diese Begriffe in der Zusammenstellung 16 mal im Alten Testament, kommen sie im Neuen nicht mehr zusammen vor.
Das Wort Segen kommt nur noch 10 mal im ganzen Neuen Testament vor. Meist wird eine alttestamentliche Stelle zitiert. Allein der Epheserbrief greift diesen Begriff noch einmal auf. Zum einen stellt er Jesu Opfer für uns als Segen dar, zum anderen fordert er uns auch auf, ein Segen für unsere Nächsten zu sein. Der Begriff des Fluches kommt nur noch als Zitat vor.
Gott greift nicht mehr direkt in das Ergehen seines Volkes ein. Im Neuen Testament zählt nun weniger das Volk, als jeder Einzelne. Segen und Fluch sind wieder zurück gekehrt in den persönlichen Bereich. Wenn Jesus davon spricht, dass wir die segnen sollen, die uns Fluchen, so legt das die Verantwortung auf uns Menschen. Wir sollen in unserem Umfeld eine Zone des Segens und des Wohlergehens einrichten. Wo wir segnen, da erfüllen wir den Willen Christi. Und doch ist der Segen genauso mit Wohlergehen verknüpft.
''Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.'' (Mt 25,35-36)
Auch unser Segen soll konkret werden und sich in Taten zeigen.
Wann warst du zum letzten Mal ein Segen für deinen Nächsten?